Warum „Feedforward“ jetzt auf die Agenda gehört

Für viele Organisationen ist Feedback ein Ritual – mit durchaus gemischter Bilanz. Meta-Analysen zeigen: Unpräzises, negatives oder verallgemeinerndes Feedback kann Leistung sogar mindern; wirksam ist es, wenn es auf Aufgabenfokus und klare nächste Schritte ausgerichtet ist. Eine Feedforward-Kultur verschiebt genau dort den Fokus: weg vom Vergangenen, hin zu konkreten, zukünftigen Verhaltensoptionen. Das reduziert Abwehrreaktionen und erhöht die Umsetzungswahrscheinlichkeit, wie Forschung zu Feedback-Interventionen und lernwirksamem Feedback nahelegt.

Persönlichkeit als Stellhebel für Wirksamkeit

Im B2B-Kontext entscheiden Persönlichkeitseigenschaften messbar über Lernen, Motivation und Performance. Valide Big-Five-Merkmale (z. B. Gewissenhaftigkeit, Extraversion, emotionale Stabilität) korrelieren robust mit Arbeitsleistung und motivationsbezogenen Variablen – ein zentrales Argument, Feedback und Feedforward nicht „one size fits all“ zu denken. Für HR heißt das: Valide Persönlichkeitsdiagnostik nutzen, Unterschiede in den Persönlichkeiten der Mitarbeitenden respektieren und Interventionen personalisieren.

Differenziert statt standardisiert: Feedforward je nach Disposition

Auch ohne Schubladendenken gilt: Menschen unterscheiden sich in der Art, wie sie Hinweise aufnehmen und in Handeln übersetzen. Forschung zur Rezeption von Beurteilungen, zur sozialen Kontextwirkung sowie zu Feedback-Orientierung (als stabile Empfängereigenschaft) liefert Leitplanken für die Ausgestaltung. Die folgenden Hinweise orientieren sich an beispielhaften Ausprägungen den fünf zentralen Persönlichkeitsdimensionen der Big Five – sie ergänzen die professionelle Situationsdiagnose.
Hohe Sensibilität. Wer stärker sensitiv auf Risiken reagiert, profitiert von de-eskalierender Rahmung: Verhalten statt Person, Normalisierung von Lernkurven, kleine, zukunftsgerichtete Schritte („Als Nächstes testen wir …“). Studien zeigen, dass negative Bewertungen leichter als unfair erlebt werden und Reaktanz auslösen – Feedforward reduziert diesen Trigger.
Hohe Gewissenhaftigkeit. Struktur, Präzision und messbare nächste Schritte erhöhen die Wirkung: klare Kriterien, Prioritäten, Fristen – und ein Commitment-Check („Woran sehen wir in zwei Wochen Fortschritt?“). Der Zusammenhang zwischen Gewissenhaftigkeit, Zielbindung und Leistung ist meta-analytisch gut belegt.
Hohe Extraversion. Direkter, zeitnaher Austausch – gern synchron – wirkt oft aktivierend; öffentliches Lob ja, Entwicklungsimpulse besser bilateral und zügig vereinbart. Quantitative Reviews zeigen für Extraversion kleine, konsistente Vorteile in motivationalen und interpersonellen Domänen, was dosiertes, handlungsnahes Feedforward begünstigt.
Hohe Offenheit. Zukunftsszenarien, Experimente und Alternativen („Welche zwei Optionen probieren wir als Nächstes?“) adressieren das Lernmotiv. Evidenz zu Offenheit und Lern-/Leistungsfacetten unterstützt eine entwicklungsorientierte, explorative Rahmung.
Hohe Kooperation. Kooperative, beziehungsorientierte Tonalität und gemeinsame Zielklärung („Wem hilft es, wenn wir X morgen anders machen?“) fördern Akzeptanz – im Einklang mit Befunden, dass Qualität der Beziehung und Fairnesswahrnehmung Reaktionen auf Rückmeldungen prägen.

Die eigene „Feedback-Persönlichkeit“ reflektieren

Nicht nur Empfänger:innen unterscheiden sich – auch Sender:innen. „Feedback-Orientation“ beschreibt die generelle Offenheit gegenüber Rückmeldung und sagt u. a. Feedbacksuche, Lernorientierung und Leistung vorher. Für Führung, HR und Coaches lohnt es, die eigene Präferenz (z. B. Direktheit, Detailgrad, Timing) zu kennen, blinde Flecken zu reduzieren und bewusste Gegenstrategien zu entwickeln (z. B. systematisch nach Input fragen, Wirkannahmen testen). Validierte Skalen und Meta-Analysen liefern dafür belastbare Bezugspunkte.

Vom Feedback zum Feedforward: Ein praxisnaher Ablauf für HR

Damit Feedforward im Alltag trägt, braucht es Prozessklarheit. Erstens: Ziel und Kriterien schärfen („Woran messen wir Erfolg?“) – Studien zeigen, dass Aufgaben- und Zielklarheit die Wirksamkeit erhöht. Zweitens: Diagnostik nutzen (Big-Five-basiert, eignungsdiagnostisch fundiert), um Sprache, Kanal und Taktung passend zu wählen. Drittens: zukunftsgerichtete, spezifische Handlungen vereinbaren (1–2 konkrete Next Steps statt generischer Appelle). Viertens: soziale Kontexte bewusst gestalten – psychologische Sicherheit, Fairnesssignale und Coaching erhöhen die Akzeptanz und Umsetzung, insbesondere in 360°-Settings. Fünftens: Schleifen schließen (Review-Termine, Datenpunkte, Retrospektiven).

Ihr

Dr. Ronald Franke

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