Coacht bald nur noch die KI?

Foto: Pixabay

Künstliche Intelligenz ist das Thema der Stunde. Niemand kann allerdings derzeit vorhersagen, welche Auswirkungen diese technische Revolution auf jede und jeden von uns haben wird.

Was sich abzeichnet, ist, dass vor allem wissensintensive und kognitiv anspruchsvolle Tätigkeiten von den tiefgreifenden Umwälzungen betroffen sein werden. Hierzu zählen auch alle Arten von Beratungs- und Coachingdienstleistungen bis hin zu psychotherapeutischen Angeboten. Nichts scheint momentan unmöglich. Auch nicht, dass in absehbarer Zeit gar keine Coaches, Berater:innen und Therapeut:innen mehr gebraucht werden, da die KI stets die besseren Fragen und Antworten für die Klient:innen parat hat.

 

Problemfelder beim Coaching durch eine KI

Realistisch ist dieses Szenario bei nüchterner Betrachtung allerdings (zumindest mittelfristig) noch nicht. Denn hinter einem vollständigen Siegeszug der KI-Coaches stehen noch einige Fragezeichen:

  • Datenschutz: Überzeugende KI-Angebote stammen derzeit noch fast ausschließlich aus den USA. Da dort und in China die Investitionen in künstliche Intelligenz die europäischen Investitionen um ein Vielfaches übersteigen, wird dies wohl auch erst einmal so bleiben. Damit die KI Ihre Aussagen zu Ihren persönlichen Problemen und Sorgen im Coaching aber sinnvoll verarbeiten kann, müssen diese auf Servern in den genannten Ländern verarbeitet und durch die KI bewertet werden. Dabei werden diese Daten wahrscheinlich auch gespeichert und zum weiteren Training der KI genutzt. Hier braucht es überzeugende Datenschutz-Richtlinien und eine entsprechende Kontrolle. Beides steht im Bereich der KI noch aus.
  • Missbrauch/Haftung: Die Warnungen vor möglichen Missbrauchsszenarien scheinen momentan die Chancen zum Einsatz von KI völlig zu übertönen – zumal einige der prominentesten Fürsprecher einer Regulierung aus dem Kreis der KI-Erschaffer und Pioniere ebendieser Systeme stammen. Auch für den Bereich Coaching und Beratung lassen sich leicht Möglichkeiten skizzieren, wie eine KI Schaden anrichten kann. Beispiele wären gefährliche oder dysfunktionale Lösungsvorschläge, erfundene Fakten als Basis für eine Entscheidungsfindung (Stichwort halluzinierende KI) oder sogar die Anstiftung zu radikalen Handlungen. Abgesehen von der Frage, wie solche Aktivitäten jemals zweifelsfrei ausgeschlossen werden können, ist natürlich auch die Haftungsfrage bei Fehlberatungen völlig ungeklärt.
  • Feeling: Selbst wenn die oben angesprochenen Punkte geklärt wären, bliebe noch die Frage, wer sich von einem Avatar eigentlich coachen lassen möchte. Per Chatfunktion wird das natürlich (vor allem im beruflichen Kontext) nicht funktionieren, also muss ein digitaler Coaching-Avatar ran. Wahrscheinlich wird dieser in Kürze auch recht flüssig und realistisch mit uns kommunizieren können, aber ob man deshalb mit ihm/ihr auch zentrale persönliche Fragestellungen bearbeiten möchte, bleibt abzuwarten. Momentan scheitern KI noch an grundlegenden Elementen des Coaching-Prozesses, wie z.B. am Zeigen echter Empathie, aber zumindest hier ergaben Studien, dass sich dies wohl bald ändern wird. Problematischer ist ein Effekt, den künstlich erschaffene Menschen regelmäßig auf echte Menschen haben: Wenn die Avatare fast menschlich wirken, aber nicht völlig, dann werden sie als ziemlich unheimlich oder sogar gruselig wahrgenommen (siehe „Uncanny Valley“ bzw. Akzeptanzlücke). Das trägt natürlich überhaupt nicht zu einem gelungenen Coaching bei.

Chancen für einen Einsatz von KI im Coaching-Prozess

Auch wenn die bisherigen Ausführungen recht skeptisch klangen, bergen künstliche Intelligenzen sicherlich ein großes Potential auch im Bereich Coaching und Beratung. So wie auch in anderen Bereichen wird es wahrscheinlich darauf hinauslaufen, dass diejenigen profitieren werden, die in der Lage sind, die KI als sinnvolle Unterstützung und Erweiterung ihres bisherigen Werkzeugkoffers zu nutzen. Wie könnte dies für Coaches und Berater:innen aussehen?

  • Die KI unterstützt den Coach mit sinnvollen Vorschlägen im laufenden Coachingprozess (z.B. zu passenden Coachingfragen oder Coachingtools)
  • Die KI hilft bei der Visualisierung der Coaching-Ergebnisse und gemeinsam erarbeiteten Informationen
  • Die KI unterstützt kreative Prozesse im Coaching durch Generierung abstrakter oder konkreter Bilder, Videos, Texte usw. aus vorgegebenen Informationen
  • Die KI interagiert mit den Klient:innen im Rahmen der Vor- und Nachbereitung von Coachinggesprächen. Dies kann z.B. auch durch rein chatbasierte KIs geschehen

Ihr

Dr. Ronald Franke

___________________________

Sollten wir noch nicht vernetzt sein, freue ich mich, wenn Sie mir hier auf XING folgen oder eine Kontaktanfrage senden.

Unter der Rubrik PERSONALITY PROFILER auf der Website von LINC erfahren Sie mehr zu einer auf den BIG FIVE basierten Persönlichkeitsanalyse, die die Persönlichkeit – unter der Brücksichtigung von Charaktereigenschaften, Motiven und Kompetenzen – mit all ihren Facetten erfasst.

www.linc.de

WELCOME TO OUR BLOG

Wir möchten mit diesem Blog allen Interessierten Informationen rund um die Themen professionelle Persönlichkeitsentwicklung und moderne Psychologie zur Verfügung stellen. Hier veröffentlichen die Mitarbeiter*innen der LINC GmbH aktuelle Beiträge zu unseren Arbeitsfeldern und Tools, er bietet aber auch den zertifizierten Coaches und Trainer*innen aus unserem Netzwerk eine Plattform für spannende Gastbeiträge und angeregte Diskussionen. Wir wünschen Ihnen viel Spaß und interessante Einblicke in die faszinierende Welt der Persönlichkeit. Natürlich sind Sie auch herzlich eingeladen, die Blogbeiträge zu kommentieren und mit uns darüber zu diskutieren!